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Mobilitätswende im Gepäck

please find below a short summary in english


Eine Befragung der Avocargo-Nutzenden

In den großen Städten Deutschlands gehören eine Vielzahl verschiedener Mobilitätsangebote mittlerweile zum alltäglichen Stadtbild. Vor allem das Prinzip geteilter Verkehrsmittel im Sinne der Sharing-Economy erhielt in den letzten Jahren verstärkt Aufschwung. Polarisierend haben sich hier vor allem die E-Tretroller hervorgetan. Auch das Lastenrad ist mittlerweile, wenn auch noch vereinzelt, Teil der Sharing-Mobilität geworden, erhielt bisher jedoch wenig mediale Aufmerksamkeit.


Um ein tiefergehendes Verständnis über das Lastenradsharing, die Nutzer:innen sowie deren Nutzungsverhalten zu erlangen, wurde daher vom 17.11. bis zum 30.11.2021 eine Online-Umfrage mit dem Sharing-Anbieter Avocargo durchgeführt. Im Rahmen dessen wurden von insgesamt 130 Personen Angaben zur Soziodemographie, dem Nutzungsverhalten sowie den Erfahrungswerten gesammelt. Da 7 Personen zwar bei Avocargo registriert waren, bis zum Zeitpunkt der Befragung den Dienst aber noch nicht genutzt hatten, wurden diese Personen aufgrund fehlender Praxiserfahrungen bei der Auswertung bezüglich der Avocargo-Nutzung nicht mitberücksichtigt. Die hier dargelegte Stichprobe ist weder für Deutschland noch für Berlin repräsentativ. Sie stellt einen Auszug der Lastenrad-Sharing Nutzenden dar.


Die Stichprobe ist durch urbane Familien geprägt

Die 130 Avocargo-Nutzenden zeichnen das Bild von überwiegend vollzeitbeschäftigen Personen mit einem hohen Bildungsniveau und einem hohen Haushaltsnettoeinkommen. Die Haushaltsgröße der Befragten liegt im Durchschnitt bei 3 Personen. Mit 72% gaben mehr als zwei Drittel der Befragten an, dass sie mit Personen zusammenwohnen, die maximal 18 Jahre alt sind. Es sind demnach scheinbar viele Familien unter den Teilnehmenden. Die Umfrage wurde mehrheitlich von männlichen Personen (70%) ausgefüllt. Das Alter der Befragten betrug durchschnittlich 39 Jahre. Bei der politischen Orientierung zeigt sich eine klare Tendenz zur Partei Bündnis 90/Die Grünen.


Fahrradaffine und multimodale Nutzer:innen

Bei der Verkehrsmittelverfügbarkeit im Haushalt zeigen die Nutzer:innen von Avocargo eine klare Affinität zum Fahrrad. Bis auf eine befragte Person, besitzen alle mindestens ein Fahrrad im Haushalt, wobei für mehr als ein Drittel von ihnen das Fahrrad das einzige verfügbare Verkehrsmittel darstellt. Weder Pkw noch ÖPNV-Ticket wurden als alleinige, verfügbare Mobilitätsoption angegeben. Das Mobilitätsverhalten der Befragten ist also überwiegend multimodal geprägt.


Dazu passt die Tatsache, dass geteilte Verkehrsmittel für viele bereits fester Bestandteil der städtischen Mobilität ist. So haben mehr als zwei Drittel schon einmal Car- und Bikesharing und circa ein Drittel geteilte E-Roller sowie E-Tretroller genutzt (siehe Abb.2). Die Nutzung von Sharing-Angebotebeschränkt sich zumeist auf wenige Tage im Monat. Sie decken vor allem spezifische Mobilitätsbedürfnisse ab. Nur bei wenigen Befragten sind die geteilten Verkehrsmittel in die alltägliche Mobilität integriert (mind. einmal pro Woche), wobei die E-Tretroller hier am häufigsten im Alltag genutzt werden.


Das Nutzungsverhalten bei Avocargo ähnelt dem anderer Sharing-Angebote (siehe Abb.3). Bei allen wird der Dienst bedarfsorientiert in Anspruch genommen.


Zusätzlich zum Angebot von Avocargo werden von einem Fünftel noch weitere Lastenradsharing-Anbieter genutzt, wobei der Anbieter fLotte am häufigsten angegeben wurde (siehe Abb.4).


Bei der Umfrage wurden saisonale Schwankungen und wetterbedingte Einflüsse nicht erfasst und konnten somit nicht berücksichtigt werden. Da der Markteintritt im März 2021 stattfand, ist der Dienst noch sehr jung. Eine Überprüfung der Nutzungsintensivität im Zeitverlauf sowie weiterer Faktoren (z.B. Zufriedenheit mit dem Angebot, Angebotstestung oder tatsächliche Nutzungsroutine, Veränderung der Nutzungszwecke) sollte nach längerem Bestehen durchgeführt werden.


Sharing-Konzept schafft erste Berührungspunkte für das Lastenrad

Da private Lastenräder nur von wenigen Personen im Alltag genutzt werden, erscheint das Lastenradsharing für viele Interessierte eine Möglichkeit der Heranführung an ebendiese zu sein. 58% der Befragten gaben an, ihre ersten Erfahrungen mit Lastenrädern überhaupt durch Avocargo gemacht zu haben. Damit sich diese Offenheit für das Verkehrsmittel in einer häufigen Nutzung verstetigt, ist eine positive Erfahrung bei der ersten Fahrt von besonderer Bedeutung. Dies war bei den Befragten der Umfrage deutlich der Fall. Fast alle Befragten gaben an, mindestens eine eher positive Erfahrung mit dem Lastenrad von Avocargo bei der ersten Fahrt gemacht zu haben. 12% gaben eine negative Ersterfahrung an. Hierbei wurden vor allem organisatorische Faktoren (z.B. Fahrrad ließ sich nicht öffnen, keine passende Zahlungsmethode, Geschäftsgebiet zu klein) genannt.


In den Empfindungen der Ersterfahrungen zeigen sich neben der Freude über ein Lastenrad auch Herausforderungen, welche im ersten Schritt bewältigt werden müssen, um die Fahrt als positiv wahrzunehmen. Vor allem für „Neueinsteiger“ bedarf es einer konkreten Heranführung an das Verkehrsmittel sowie die Rahmenbedingungen des Sharing-Prinzips (z.B. Anmeldungsprozess, Fahrzeugsuche). Mithilfe von nutzerfreundlichen FAQs, Events mit Probefahrten oder erfahrenen „Lastenrad-Paten“ kann diese Heranführung geschaffen werden.


Beförderung von Kindern und Gütertransport als Hauptnutzungszweck

Die Nutzungszwecke sind in erster Linie dem privaten Bereich zuzuordnen und selten beruflich bzw. gewerblicher Natur. Ein vergleichender Blick mit den Zahlen des Fahrradmonitors 2021[2] zeigt zwischen den privaten Lastenradfahrenden und den Sharing-Nutzer:innen bei Avocargo ein ähnliches Bild (siehe Abb.6). Bei den befragten Lastenrad-Sharing-Nutzer:innen wurden die drei Nutzungszwecke Beförderung von Kindern (55%), der Transport von sperrigen Gegenständen (52%) sowie zum Einkaufen (52%) fast gleich häufig genannt. In den offenen Nennungen wird deutlich, dass der Transport von sperrigen Dingen viele Nutzungszwecke umfasst (z.B. Einkäufe im Baumarkt oder bei eBay Kleinanzeigen, Vereinsmaterial transportieren).


Beim Fahrradmonitor sind die drei Hauptnutzungsmotive die Fahrt zum Einkaufen, der Transport von sperrigen Gegenständen und die Beförderung von (Haus-)Tieren. Die Beförderung von Kindern steht dort erst an vierter Stelle. Den deutlichen Unterschied von 34% bei der Beförderung von Kindern könnte unter Umständen durch die Stichprobencharakteristik der Avocargo-Umfrage zu erklären sein. Wie oben bereits erwähnt, scheinen so vor allem Familien in der Befragungsstichprobe und eventuell auch in der Gesamtkundengruppe von Avocargo zu sein. Sollte dies zutreffen, so ginge es perspektivisch um die Erschließung weiterer Zielgruppen, um die Auslastung der Fahrzeuge zu erhöhen.


Da etwa 46% das Lastenrad nur mindestens einmal im Monat nutzen liegt es nahe, dass Kinder nur in besonderen Situationen (z.B. längere Strecken, als gefährlich empfundene Fahrradstrecken) im Lastenrad befördert werden.


Lastenradsharing als umweltfreundlicher städtischer Pkw-Ersatz oder erweiterndes Mobilitätsprinzip

Das Lastenradsharing produziert bei der Nutzung nur selten neue Wege, sondern bietet sich zumeist als echte Alternative zu konventionellen Verkehrsmitteln an, da es weniger als Spaßgefährt genutzt wird, sondern zumeist der Erfüllung eindeutiger Zwecke dient. Bei der Frage, welches Verkehrsmittel genutzt worden wäre, hätte der Avocargo-Dienst nicht zur Verfügung gestanden, gab der Hauptteil mit 40% den Pkw an. Zu ca. 20% wäre der ÖPNV oder das Fahrrad genutzt worden und 14% wären sonst zu Fuß unterwegs gewesen. Nur wenige gaben unter der Kategorie „Sonstiges“ an, dadurch zusätzliche individuelle Wege unternommen zu haben. Demzufolge lassen sich insbesondere im Hinblick auf die Reduktion von Pkw-Fahrten eindeutige CO2-Einsparpotenziale erkennen.



Die Motivationen, das Lastenradsharing zu nutzen, sind vielfältig, verweisen jedoch auf klare Vorteile der Lastenräder gegenüber anderen Verkehrsmitteln.


Der Pkw wird von vielen Menschen als einziges individuell nutzbares Verkehrsmittel mit genügend Platz zum Transport verschiedener Dinge wahrgenommen. Jedoch wird in dieser Befragung deutlich, dass das Lastenrad ein praktischer Ersatz ist. In den offenen Nennungen wird unter anderem betont, dass man schneller in der Stadt unterwegs sei und Verkehrsstaus keine Rolle mehr spielen. Außerdem mache die Nutzung Spaß und man bewege sich an der frischen Luft. Entfallender Parksuchverkehr, der damit verbundene Stress, Lärmminderungen und auch CO2-Einsparungen führen dazu, dass das Lastenrad als umweltfreundlich angesehen wird. Mit Blick auf den weiterhin hohen CO2-Ausstoß des Verkehrssektors kann durch das Lastenradsharing ein wichtiger Beitrag zur Mobilitätswende geschaffen werden.


Dass Lastenräder Pkw-Fahrten zum Teil ersetzen, ist auch durch andere Veröffentlichungen bekannt. Doch kann ein Lastenrad wirklich einen Pkw dauerhaft und vollumfänglich im städtischen Raum substituieren? Dieser Frage wurde in einem ersten Schritt mit dieser Umfrage nachgegangen. Es stimmten 70% der Befragten mindestens eher zu, dass das Lastenradsharing einen privaten Pkw ersetzen kann (siehe Abb. 9). Bei Personen, welche einen Pkw im Haushalt besitzen, ändert sich die Zustimmung zur Aussage nur geringfügig. Insgesamt 81% der befragten Personen können sich vorstellen, zugunsten der vielfältigen Mobilitätsmöglichkeiten ein Auto abzuschaffen (siehe Abb. 10). Personen mit Pkw im Haushalt stehen dieser Aussagen kritischer gegenüber, wobei 66% der Aussage mindestens eher zustimmen. Innerhalb dieser Mobilitätsmöglichkeiten kann das Lastenrad(-Sharing) eine relevante Stellung einnehmen. Da die Anzahl an verfügbaren Lastenrädern momentan überschaubar ist, erscheint dieser Effekt aktuell noch gering.


Das Lastenrad entwickelt sich im städtischen Raum scheinbar zu einer echten Alternative zum Pkw. Es bleibt weiter zu beobachten, ob dies nur für eine kleine Zielgruppe zutrifft oder sich langfristig auch in anderen Teilsegmenten der urbanen Bevölkerung wiederfindet.



Im Vergleich zur Nutzung anderer Verkehrsmittel stellt das Lastenrad eine gute Mobilitätserweiterung dar. Es können im Vergleich zum Fahrrad mehr Lasten transportiert werden. Dies gilt auch sofern man die Lastenradnutzung mit dem Zufußgehen vergleicht. Darüber hinaus erweitert das Lastenrad den Bewegungsradius im Vergleich zum Gehen. Dies ist vor allem für Personen von Relevanz, die keinen Pkw besitzen oder nutzen (möchten).


Im Vergleich zum Fahrrad werden vor allem die Vorzüge der Beförderung von Kindern und Tieren und des Transportes von Einkäufen, sperrigen Gegenständen und Gepäck genannt (siehe Abb. 8).


Die Lastenräder von Avocargo besitzen eine hohe Sichtbarkeit und lösen positive Gefühle aus


Bereits in der Abbildung 8 werden positive Aspekte des Angebots von Avocargo betont. Einige Nutzer:innen nehmen den Preis als günstig wahr, andere wiederum betonen vor allem das free floating-Modell.


Bei Avocargo sind es momentan die Lastenräder selbst, welche auffallen und die Befragten zur Anmeldung und Nutzung motivierten. So gaben 87% der Befragten an, unter anderem durch das Sehen eines Lastenrades auf der Straße oder dem Gehweg auf das Angebot von Avocargo aufmerksam geworden zu sein. Andere Gründe wurden selten genannt, wobei die mündliche Werbung durch Bekannte und Freund:innen hierbei noch am häufigsten vorkam. Die restlichen Kategorien sind zum aktuellen Zeitpunkt noch zu vernachlässigen. Um neue Zielgruppen zu erreichen, könnten zukünftig eine gezielte Ansprache und entsprechende Marketingmaßnahmen nötig werden.


Von vielen Personen wird das Lastenrad als nachhaltig und modern wahrgenommen. Die Lastenräder von Avocargo lösen bei den Befragten häufig positive Gefühle aus (siehe Abb. 12). Diese drücken sich einerseits im Wunsch einer persönlichen (Mehr-)Nutzung aus und in der Anerkennung des Sharing-Konzeptes an sich. In den offenen Nennungen werden Sätze geäußert wie „Besser als Autos zu mieten“, „Cool, noch eins. ;-)“, „Wofür könnte ich das mal wieder benutzen“ und „Juhu! 🙂 Ich hatte mir schon länger gewünscht, unkompliziert auf ein Lastenrad zugreifen zu können. Jetzt bin ich also begeistert, wenn ich eins sehe!“. Auch im jeweiligen Freundeskreis kommt die Nutzung des Lastenradsharings von Avocargo gut an (siehe Abb.13). So stimmen 96% der Befragten der Aussage zu, dass Freunde es gut finden, wenn die Person ein Lastenrad nutze. Dies lässt auf eine hohe soziale Akzeptanz der Lastenradnutzung schließen.



Optimierung des Angebotes in bestimmten Bereichen

Das umgesetzte free-floating System von Avocargo wird als positiv wahrgenommen, wobei von den Befragten auch verbesserungswürdige Aspekte genannt werden. Die zentralen Aspekte Geschäftsgebiet, Verfügbarkeit, App, Preis und Service werden hierbei sowohl positiv wie auch negativ wahrgenommen.


Das Geschäftsgebiet von Avocargo ist im Vergleich zu einigen Sharing-Anbietern, die den Berliner S-Bahn-Ring als Referenz für das Geschäftsgebiet nehmen, noch recht überschaubar. Für einige Personen ist das Geschäftsgebiet schon ausreichend groß, da Einkaufsmöglichkeiten, der Wohnort und auch die Kita innerhalb des Gebiets liegen. So können bereits einige der Hauptnutzungsgründe gut erfüllt werden. Andere Personen wohnen eventuell eher am Rand des Geschäftsgebiets oder sogar außerhalb. Dementsprechend wünschen sie sich eine Ausweitung des Gebiets, sodass sie auch ihre Bedürfnisse mit dem Angebot realisieren können. Mit der Größe des Geschäftsgebiets geht auch die Verfügbarkeit der Fahrzeuge einher. Es ist es aus Kundensicht nicht sinnvoll eine große Fläche nutzen zu können, aber nur selten ein Rad zu finden. So wurde in den offenen Nennungen geäußert, dass die „Verfügbarkeit vor der Haustür“, „die „Anzahl der verfügbaren Bikes“ oder auch die „gute Verfügbarkeit in meinem Wohngebiet“ als positiv angesehen wird. Verfügbarkeit und die lokale Präsenz wurden von zahlreichen Personen benannt. Andere Nutzer:innen machten scheinbar andere Erfahrungen und bewerten die Verfügbarkeit als negativ. Es wird angeführt, dass die Räder „zu wenig verfügbar [sind] und daher oft ein langer Weg zum Fahrrad“ nötig wird. Dies mindert aus Sicht einiger Personen die Möglichkeit einer spontanen Nutzung.


Auch der Sharing-Aspekt wurde von einigen Nutzer:innen positiv erwähnt. So beschreiben einige Nutzende die Vorteile des Lastenradteilens z.B. „Muss mir kein eigenes Lastenrad zulegen, muss nicht über sichere Parkplätze nachdenken, einfach verfügbar“, „Lastenräder sind sehr teuer und ich brauch nicht jeden Tag eins.“, „Kein Besitz eines Lastenrades nötig“ oder auch „Kein sperriges Lastenrad daheim rumstehen, wo ich dann Angst haben muss, dass es geklaut wird“. Die Nutzenden sehen einen enormen Vorteil darin, keine hohen Anschaffungskosten tätigen zu müssen und auch nicht für einen Stellplatz sorgen zu müssen. Die Angst vor Diebstahl des teuren Rades können sie durch das Ausleihen ablegen. Die Nutzung erhält dadurch eine gewisse Leichtigkeit. Außerdem macht es Spaß mit anderen zusammen Fahrrad zu fahren und das Angebot ist einfach zu nutzen. Viele meinten, dass vor allem die fehlende Parkplatzsuche ein Vorteil bei der Nutzung des Lastenradsharings sei.


Während einige Personen die Bedienung der App als „sehr intuitiv und einfach zu handhaben“ wahrnehmen, kritisierten andere insbesondere den Anmeldeprozess mit der App. Auch die fehlende Zahlungsmodalität „PayPal“ stieß einigen Befragten negativ auf. Es gab weiterhin Äußerungen, dass der Standort der Fahrräder in der App und in der Realität voneinander abweichen, was als negativ wahrgenommen wird, da es den Ausleihprozess erschwert. Hier können folgende Zitate aus den offenen Nennungen als Beispiel angeführt werden: „Dass Fahrräder rumstehen, die die App nicht anzeigt und die man nicht verwenden kann. Sind die defekt?“, „Manchmal ist es schwer die Räder zu finden, weil das GPS nicht sehr genau ist.“, „viele Räder sehe ich hier stehen, auf dem Radar sind sie nicht zu sehen“ oder „Gelegentlich stellen Benutzer das Rad in den Hinterhof, um Parkgebühren zu schinden. Dann reserviert man und steht vor verschlossener Tür“. Bei einigen Nutzenden ist bereits ein gewisses Verständnis dafür da, dass es nicht an der App, sondern teilweise an anderen Nutzenden liegen könnte, wenn ein Rad nicht zu finden ist. Beispielsweise gaben Einige an, dass sie Sorge hätten „wie manche Menschen mit den Rädern umgehen“. Bereits durch andere Sharingangebote ist bekannt, dass Vandalismus durchaus ein Thema sein kann.


Ein paar Personen gaben an, bereits Kontakt mit dem Service von Avocargo gehabt zu haben. Während einige Personen die Freundlichkeit der Servicemitarbeiter:innen betonten, entstand bei anderen Personen Verwirrung über die Mails hinsichtlich der Erklärungen zur Abrechnung.


Hinsichtlich der Kostenstrukturen divergieren die Meinungen der Befragten ebenfalls. Während es einige als günstig empfinden, meinen anderen, dass der Preis zu hoch sei. Insbesondere der Tagespreis wird dabei als zu teuer empfunden. Eine differenzierte preisliche Staffelung wird von einigen Nutzenden gewünscht. Die Wünsche diesbezüglich reichen von einem 30-Minuten-Tarif über einen Tages- oder Wochenendtarif bis hin zu einem Abo.


Auf Grund der oben bereits aufgezeigten hohen Grundzufriedenheit mit dem Angebot, scheinen die Vorteile die Nachteile zu übertreffen. Die bisher wahrgenommenen Nachteile werden eher als Verbesserungsoptionen wahrgenommen und selten als tatsächlicher Nutzungshinderungsgrund.


Sharing ist für viele Personen besser als der Besitz

Das Lastenrad im Sharing-Konzept kommt bei den Nutzer:innen gut an. Den Kauf eines Lastenrades können sich nur wenige (11% der Befragten) vorstellen. Mehr als die Hälfte der Befragten schließt einen Lastenradkauf momentan komplett aus. Ein Drittel der Befragten ist sich noch nicht sicher, ob sie ein Lastenrad kaufen möchten oder nicht.


Es gibt Motivatoren und Hinderungsgründe für den Kauf eines Lastenrads bei den Personen, die sich einen Kauf (vielleicht) vorstellen können. Die Kaufmotivation ist vor allem in den Nutzungszwecken und der Vermeidung von Autofahrten begründet. Als Hinderungsgründe werden häufig der hohe Preis und die fehlenden Abstellmöglichkeiten genannt. Während einige Avocargo nutzen, um zu testen, wie häufig sie ein Lastenrad tatsächlich benutzen, sehen anderen in dem Angebot von Avocargo gerade den Grund ein Lastenrad nicht kaufen zu müssen.


Der Hauptteil der Befragten stimmt der Aussage zu, sie würden das Lastenradsharing nutzen, da sie kein eigenes besitzen möchten. Das Sharing-Konzept ist besonders gut geeignet, um die bedarfsorientierte (seltene) Nutzung zu realisieren.


Fazit

Das Lastenradsharing-Angebot von Avocargo gibt es erst seit März 2021 in Berlin. Die im November durchgeführte Umfrage zeigt erste Insights der Nutzenden, der Nutzungszwecke sowie der Vor- und Nachteile der Dienstleistung. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die hier Befragten überwiegend männlich sind, in Familien leben, gut gebildet sind und ein überdurchschnittliches Haushaltseinkommen aufweisen. Das Lastenradsharing wird ähnlich wie andere Sharingangebote nicht täglich genutzt, sondern entsprechend situationsabhängig und an den Bedürfnissen der Nutzenden ausgerichtet. Momentan nutzt knapp die Hälfte der Befragten das Angebot von Avocargo mindestens einmal im Monat. Die Nutzer:innen sind vor allem über die im Straßenraum stehenden Lastenfahrräder auf das Angebot aufmerksam geworden und haben bisher zu großen Teilen positive Erfahrungen gemacht.


Sobald die Befragten die Avocargo-Lastenräder im Straßenraum sehen, lösen sie bei den Befragten positive Gefühle aus. Diese drücken sich im Wunsch einer persönlichen (Mehr-)Nutzung und in der Anerkennung des guten Konzeptes an sich aus. 80% der Befragten stimmen der Aussage zu, ein Lastenrad nur nutzen und nicht besitzen zu wollen. Lediglich 11% der Nutzer:innen planen ein Lastenrad zu kaufen. Häufig werden der hohe Anschaffungspreis und fehlende Abstellanlagen als Hinderungsgrund genannt. Avocargo dient einigen wenigen Personen als Testballon bevor ein Kauf in Erwägung gezogen wird.


Das Lastenradsharing produziert bei der Nutzung nur selten neue Wege. Vielmehr ist es eine echte Alternative zu konventionellen Verkehrsmitteln. Bei der Frage, welches Verkehrsmittel genutzt worden wäre, hätte der Avocargo-Dienst nicht zur Verfügung gestanden, gab der Hauptteil mit 40% den Pkw an. Auf ausgewählten Strecken scheint das Lastenrad gegenüber dem Pkw Vorteile zu haben. So bietet das Lastenrad nicht nur viel Platz für die Beförderung von Kindern und den Transport von Einkäufen oder sperrigen Gegenständen, sondern es entfällt auch die lästige Parkplatzsuche am Zielort. Als weitere Vorteile werden benannt, dass man mit einem Lastenrad schnell durch die Stadt kommt, nicht innerhalb der Staus steht und keinen Führerschein benötigt. 70% der Befragten stimmen der Aussage zu, dass das Lastenradsharing einen privaten Pkw ersetzt kann. Insgesamt 81% können sich vorstellen, ein Auto zugunsten der vielfältigen Mobilitätsangebote abzuschaffen.


Das Lastenrad, welches als umweltfreundlich, nachhaltig und modern angesehen wird, kann einen großen Teil zur Mobilitätswende beitragen. Politische Maßnahmen können das Lastenrad sowohl im Privatbesitz als auch im Sharing-System fördern. Neben einer guten Radwegeinfrastruktur könnten Förderungen beim Lastenradkauf und sichere Abstellanlagen unterstützend wirken. Vor allem eine umfangreiche Verfügbarkeit des Lastenradsharings sollte administrativ und politische unterstützt werden. So könnten bspw. sichere Abstellanlagen im Straßenraum ebenso hilfreich sein, wie entsprechende Ausgleichszahlungen für den Anbieter, sofern er Fahrzeuge in für ihn unattraktiven Gebiete zur Verfügung stellt.


Autor:innen


Tom Weber

Josephine Steiner

Nils Werner


ENGLISH VERSION

At the Cargo Bike Sharing Europe in Cologne, we had the possibility to present our findings on the study of Avocargo users in Berlin. Like other studies presented on the conference we see the importance of offering cargo bikes in sharing offers for specific use cases and a sustainable and space-saving alternative to the car. Below you will find a short summary of our study in English.


A Survey of the users of Avocargo

The survey features a particular group of people, which are characterized by a high education level and a high household income. The survey was mostly completed by males (70%) and the average age was 39. It also features mostly families with an average household size of 3 people.


Looking at the availability of modes of transportation in the households, the respondents showed a clear affinity for bicycles. For one-third of the respondents, the bicycle is the only available mode, while the rest either have a private car or a ticket for public transport in combination with the bicycle. Additionally, the respondents are mostly familiar with shared mobility offerings, using them mostly just a few days per month. The usage of Avocargo is similar to the usage of the other sharing-offers.


The service of Avocargo is clearly profiting from their cargo bikes being seen in the streets. About 87% of the surveyed said, they became attentive by the cargo bikes in the streets. Cargo bike sharing seems to be a possibility for interested people to get to know this form of mobility. 58% of the people said that Avocargo was their first experience with a cargo bike in general. Using the service of Avocargo for the first time, 88% of users stated, they had an at least rather positive experience. Especially for „newcomers“, a concrete introduction to the means of transport as well as the general conditions of the sharing principle is required.


The positive experience of their first rides extends to the general feeling about the service. When asked what their first feeling is, when seeing the cargo bikes, mostly positive comments were made about practical and fun ways of using it, the possibility of using but not owning one or the happiness about an eco-friendly transport solution.


The purpose of using the service is mostly private and not professional or commercial use. The use-cases of transporting bulky objects, transporting kids and for shopping were equally mentioned with around 50% of the users.


For many users, the cargo bikes are an eco-friendly car replacement or extending multimodality option. 40% of the users would’ve used the car if the service had not been available on their last trip with Avocargo. Around 20% of the users would’ve either used the public transport or the bicycle. The service of Avocargo seems to replace existing modes rather than producing more traffic in the streets. Especially with the 40% of replaced car trips, cargo bike sharing has a great potential for saving CO2 on certain trips.


When asked, if a cargo bike can replace a private car about 70% of the respondents at least agreed with this statement. Looking at the group of surveyed owning a car, the agreement is similar. Going one step further, the users were asked, if they could imagine getting rid of a car for a variety of mobility option. 81% of the respondents can imagine that. Looking at the owners of a private car still two-third can imagine getting rid of their car. This brings another push for the potential of the substitution of cars.


The motivation for using cargo bike sharing is manifold. Users point out the advantages of the cargo bike sharing service against the use of a car. Less use of space makes it faster and easier to get around town and finding a parking spot with the cargo bike, especially in busy times. Also, the aspect of an eco-friendly transport seems important. On top of those general aspects of cargo bike sharing, the unique free-floating concept of Avocargo opens the possibility of one-way trips making it more convenient to use.


The aspect of sharing is an important aspect for the respondents. Only 11% are planning to buy a cargo bike at the moment, 57% are clearly not planning on buying one. In addition, around 80% said, they like using the cargo bike sharing offer because they don’t want to own one themselves.


In total we see a group of people that don’t just use the cargo bike sharing offer because of the use case but also because of what it stands for: a sustainable urban lifestyle. The many advantages of sharing cargo bikes comply with their selective needs and makes the offer an equal mode of transport to the car, with the potential of even replacing them in the long run.

 

[1] Zur übersichtlichen Darstellung der Werte wurden diese gerundet. Daher kann es in den Grafiken gegebenenfalls zu Abweichung der 100% kommen.



[3] Die Abbildung zeigt die Codierung offener Nennungen auf die Frage: Was motiviert dich im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln, das Lastenradsharing zu nutzen? Je größer die abgebildete Wortgruppe, desto häufiger wurde sie genannt. Die vier Farben geben Kategorien entsprechend der Legende wieder.


[4] Die Abbildung zeigt die Codierung offener Nennungen auf die Frage: Welche Aspekte des Sharing-Systems Avocargo empfindest du als positiv bzw. negativ? Die grünen Symbole zeigen die positiven Aspekte, die roten Symbole zeigen die negativen Aspekte. Es werden Codierungen mit mehr als einer Nennung gezeigt.

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